Geschichte
Als Urs Scheidegger 1976 seine Firma gründete, hatte das Unternehmen zwei Mitarbeiter. Mittlerweile ist das Unternehmen auf 30 Beschäftigte angewachsen.
Urs Scheidegger - der Praktiker
Autor: Stephan Traber, Amriswil
Motorradfahrwerke zu konstruieren und diese zu verkaufen, das sind zwei Sachen. Dazwischen steht aber noch der wichtigste Schritt – diese anzufertigen. Hier kommt Urs Scheidegger ins Spiel, der Mann, der alle MOKO-Rahmen mit höchster Präzision geschweisst und gelötet hat.
Aber der Reihe nach. Urs wurde 1948 in Ebikon geboren. Sein Vater bewirtschaftete einen kleinen Bauernhof oberhalb des Dorfes. «Über der Baumgrenze», wie Urs die Lage des Hofs scherzhaft beschreibt. Urs arbeitete nach der Schulzeit in verschiedenen Betrieben wie Schindler Aufzüge oder in der Papierfabrik Perlen. Dazwischen fuhr er auch LKW, «Ich kannte England besser als die Schweiz». Aber sein Interesse galt mehr dem Handwerk oder genauer gesagt der Schlosserei. «Ich habe viel geschweisst und auch Kurse auf diesem Gebiet besucht.» Bei seiner Tätigkeit auf einem Schrottplatz lernte er Franz Dörig kennen. Dieser war dort mit einer kleinen Schlosserei eingemietet. «Ich besuchte Franz oft und war beeindruckt von den Arbeiten, die er ausführte».
Eine dieser Arbeiten war ein Rohrgebilde, welches Urs zuerst nicht richtig einordnen konnte. «Das gibt ein Motorradfahrwerk für Fritz Egli», erklärte ihm Franz. Urs hatte mit Motorrädern bis anhin nichts am Hut und auch erwähnter Fritz Egli war im völlig unbekannt. Franz muss aber das Talent von Urs Scheidegger erkannt haben, denn er machte ihm den Vorschlag, die Rahmenherstellung in eigener Regie zu übernehmen. Urs war begeistert von dieser Idee, hatte aber auch Bedenken. Er hatte grosse Erfahrung im Schweissen, aber nicht im Hartlöten, wie es im Rahmenbau teilweise angewendet wird. «Geh zu Egli nach Bettwil, dort kannst du das lernen», schlug Franz vor. Scheidegger nahm den Vorschlag an und machte bei Fritz Egli ein Praktikum. «Dort arbeitete ein junger Amerikaner, welcher hervorragend Löten konnte. Ich bekam viele Tipps und konnte enorm von seinem Können profitieren», meint Scheidegger über seine ersten Erfahrungen bei Egli. Dieser war seinerseits auch begeistert vom jungen Praktikanten und machte ihm das Angebot, den Rahmenbau extern zu übernehmen. Urs packte die Chance und richtete im heimatlichen Bauernhof eine Schlosserei ein. Er erinnert sich noch gut an seinen ersten Egli-Rahmen. «Ich war sehr stolz darauf. Alle Masse stimmten, war alles korrekt. Aber heute würde ich diesen Rahmen in die Mulde werfen, die Schweissnähte würden meinen heutigen Ansprüchen nicht genügen.» Der Rahmen landete aber nicht in der Mulde, sondern wurde nach Holland exportiert.
So entstand eine mehrjährige Zusammenarbeit zwischen Urs Scheidegger mit seiner mittlerweile gegründeten Firma USE Metalltechnik und Fritz W. Egli, dem Fahrwerkskonstrukteur aus Bettwil. Die Herstellung von Motorrad-Rahmen ist eine heikle Arbeit. Sie erfordert höchste Präzision und Qualität. Um diese zu überprüfen und zu zertifizieren, kamen drei Männer vom TÜV Rheinland in die Firma von Urs Scheidegger am Hohlenweg in Ebikon. Sie attestierten ihm sehr gute Arbeit. Damit hatte er die Gewissheit auf dem richtigen Weg zu sein.
Das Vorgehen bei der Rahmenherstellung beschreibt der akribisch arbeitende Schweissfachmann wie folgt: «Ich baute immer eine Serie von Rahmen ohne Lenkkopf. Die Rahmen wurden hartgelötet und anschliessend aufgehängt. Durch das Löten entstehen zwangsläufig Spannungen im Material. Durch das Aufhängen während vier bis fünf Wochen werden diese Spannungen vollständig abgebaut. Erst dann habe ich den Platz für den Steuerkopf ausgefräst, eingepasst, angeheftet und verlötet und zusätzlich auch MAG-verschweisst. Durch die höhere Materialdicke war das Schweissen an dieser Stelle möglich. Am Schluss wurden die Rahmen vernickelt.»
«Ich habe in den drei Jahren circa 300 bis 350 Rahmen für Egli gefertigt.» Scheidegger verschweigt aber auch nicht, dass die Zusammenarbeit mit Fritz Egli nicht einfach war. Zwischen den beiden kam es zunehmend zu Differenzen. «Wir hatten unterschiedliche Auffassungen über die Geschäftspraktiken und auch über die technische Entwicklung im Fahrwerksbereich. Egli wollte nichts ändern oder anpassen. Was bis jetzt OK war, sollte auch so bleiben.»
Mitte der 1970er-Jahre brachte Honda die Gold Wing auf den Markt. Die Motorradfans waren gespalten. Die einen hätten gerne einen Nachfolger für die CB 750 im Stil einer Kawasaki Z 900 gesehen, die andern waren begeistert von dem Prinzip mit Vierzylinder-Boxermotor und Kardanantrieb. Die Gold Wing war klar auf die Bedürfnisse, der Tourenfahrer ausgelegt. Honda-Besitzer waren ein wichtiges Kundensegment bei Fritz W. Egli. Entsprechen hätte er ihnen gerne eine Egli-Honda-Gold Wing angeboten. Er kündigte Urs Scheidegger die Konstruktion eines entsprechenden Fahrwerks an. Dieser winkte aber ab, da er am Erfolg des Projekts zweifelte. Egli war beleidigt und suchte sich einen anderen Schweissfachmann. Ein Prototyp wurde gebaut und Versuche auf dem Prüfstand gefahren. Schlussendlich behielt Urs Scheidegger Recht. Das Projekt Egli-Gold Wing scheiterte und wurde begraben.
Mit der Absage zum Gold Wing Projekt war die Zusammenarbeit zwischen Fritz W. Egli und Urs Scheidegger beendet. Allerdings hatten auch Eglis Werkstattchef Hausi Hilti und Grosskunde Aschi Strahm Bedenken an einer weiteren Zusammenarbeit mit Fritz Egli. So entschlossen sich die drei gemeinsam einen eigenen Weg zu gehen und gründeten MOKO.
Die MOKO-Macher und ihr Leben danach
Autor: Stephan Traber, Amriswil
Für das MOKO-Team ging das Arbeitsleben nach der Firmen-Liquidation weiter, wenn auch in unterschiedlicher Form. Für Hausi und Urs war das Kapitel Rahmenkonstruktion und Fertigung abgeschlossen. Aschi blieb jedoch bis zu seiner Pensionierung immer mit dem Töff-Thema eng verbunden. Geza Molnar hatte das Team bereits Ende Januar 1988 verlassen und sich neu orientiert.
Urs Scheidegger – KMU im Bereich Metalltechnik
Die Rahmenherstellung für MOKO, war für ihn stets nur ein Teil seiner umfangreichen beruflichen Tätigkeit. Neben der Arbeit bei MOKO widmete sich Urs immer auch anderen Projekten. Im Laufe der Jahre hatte er am Hohlenweg in Ebikon seine Firma USE-Metalltechnik mit mehreren Mitarbeitern aufgebaut. Dort stellt der Betrieb ein umfangreiches Sortiment an Metallteilen her und es werden auch mechanische Arbeiten ausgeführt. So baute USE für die mehrfachen Seitenwagen-Weltmeister Biland/Waltisperg ihren grossen Renntransporter genau nach den Bedürfnissen des Teams um.
James Bond 007 lässt grüssen
Ein weiteres aussergewöhnliches Projekt war der Aufbau von zwei Buggys. Im Auftrag von Alois Barmettler (Albar Buggy) präparierte Urs Scheidegger für den James Bond Film «For Your Eyes Only» (In tödlicher Mission, 1981) zwei Buggys. Zusätzlich zu verschiedenen anderen Modifikationen integrierten sie das Zweikreis-Bremssystem in das VW-Chassis. Die Fahrzeuge wurden mit zusätzlichen Überroll- und Schutzbügeln versehen. Anschliessend gingen die beiden Wagen nach Deutschland in die Werkstatt der Berufsfeuerwehr Frankfurt. Dort wurden die Buggys «filmtauglich» hergerichtet. In einer Filmszene am Strand kämpfte James Bond (gespielt von Roger Moore) gegen die Bösewichte, die ihn mit zwei Buggys überfahren wollten. Dabei überschlug sich ein Buggy auf spektakuläre Weise. Wer am Ende den Kampf gewonnen hat, dürfte klar sein.
USE Metalltechnik AG
Heute bietet die USE-Metalltechnik AG mit 30 Mitarbeitenden Gesamtlösungen in den Bereichen Konstruktion, Blechbearbeitung, Metallbau, Mechanik, Laserschneiden, Pulverbeschichtung und vieles mehr an. Vor einigen Jahren hat der Firmengründer die Geschäftsleitung an seine Söhne übergeben. Urs hilft aber immer noch mit, wenn Not am Mann ist.
Ein wichtiges Projekt steht für 2025 an. Die Firma errichtet in Ebikon eine komplett neue Produktionsstätte. Auch hier ist Urs involviert und bringt seine Erfahrung in die Planung ein.